16.12.
Advent, Advent, ein Lichtlein brennt..
Heute wird in euren Heimen tatsächlich schon die dritte
Kerze auf dem Adventskranz angezündet. Ich glaub es einfach nicht. Nicht nur
die Tatsache, dass wir bereits ein Viertel Jahr in Cape Coast verbracht haben,
sondern auch die Vorweihnachtszeit ohne Schnee, Kälte, eine heiße Schokolade
o.ä. zu erleben ist ein Gefühl, das sich schlecht beschreiben lässt. Die Zeit
vergeht und vergeht und manchmal würde ich sie gerne anhalten, um bestimmte
Dinge vermeintlich besser realisieren zu können.
Die Weihnachtszeit hat im Prinzip, wenn man an die
Weihnachtsgeschichte denkt, nicht viel mit Schnee, Kälte, Weihnachtsmärken,
Glühwein trinken oder anderen Dingen zu tun. Doch wenn man diese 19 Jahre
seines Lebens so verbracht hat, dann gehören gewisse Dinge einfach dazu. So
kommt es wahrscheinlich dazu, dass die Weihnachtsstimmung noch nicht ganz
aufkommt und man darauf wartet, dass man endlich die jährliche Vorfreude auf
das Fest erleben kann. Aber nun gut, ein interessante Erfahrung stellt es
sicherlich auch dar, das Fest gemeinsam mit einer wunderbaren WG am Strand zu
verbringen.
Wahrscheinlich kann gerade jetzt die Vorfreude noch nicht
ganz aufkommen, da ich viel Zeit damit verbringe, mich im Bett auszuruhen. Auch
mich hat die Malaria-Mücke erwischt, aber es hat ja auch etwas Gutes: ich habe
endlich viieel Zeit, mich zu melden. :-) Blödes Timing ist es trotzdem, da
Sassi und ich seit Freitag „Schulferien“ haben und uns eigentlich mit dem
Rucksack auf in die ungewisse „Western Region“ machen wollten. Naja, ihr wisst
ja, alles mit der Zeit! ;-)
Jetzt erst mal zu den wichtigen Dingen, die sich momentan in
Cape Coast abspielen: Es gibt einen neuen Präsidenten (John Mahama) und eine
neue Partei, die an der Spitze steht (NDC). Nachdem was ich euch über die
politische Euphorie dieses Landes erzählt hab, könnt ihr euch wahrscheinlich
denken, wie es während der Wahlen hier zuging. Vor allem in den Tagen kurz vor
den Wahlen haben die Parteien nochmal alles aufgefahren, um die Bevölkerung zu
beeindrucken. Jeden Sonntag konnte man eine riesen Menschenmenge (sogenannte „Campaigns“)
dabei beobachten, wie sie voller Freude und Zuversicht durch die Stadt liefen,
tanzten, Spaß hatten und ihre Partei mit Leib und Seele unterstützten. Jetzt
steht es fest, welche Partei gewonnen hat und immer wieder hört man Sticheleien
der Anhänger von NDC, die sich über die anderen Anhänger fast ein wenig lustig
machen. Sie sind nun mal mit ihren ganzen Herzen dabei und solange es nicht
ausartet, kann ich mir die Gespräche auch ganz gut mit einem kleinen Grinsen
anhören. Ich habe die Wahlen auf jeden Fall als sehr friedlich empfunden und
bin glücklich, dass es dabei geblieben ist.
Die letzten zwei Schulwochen, bevor die Ferien anfingen,
waren auch eher ungewöhnlich. Die Kinder haben ihre Examen in jedem Fach
geschrieben, d.h. jedes Kind hat ein bedrucktes Papier mit ca. 25 Fragen bzw. Aufgaben
erhalten, die die Lehrer vorgelesen haben, da die meisten Kinder nicht in der
Lage sind, diese selbst zu lesen und schließlich konnten die Kinder die
Aufgaben lösen (oder auch nicht). Oft kam die Lehrerin der dritten Klasse nicht
zur Schule, woraufhin ich den Kindern die Aufgaben vorgelesen habe, was auch
ganz gut geklappt hat. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie unsicher
ich anfangs war, als die Lehrerin mal nicht da war und wie sehr ich dann unter
Druck stand, die Kinder irgendwie beschäftigen zu müssen. Mittlerweile nimmt
man das Fehlen der Lehrer als ziemlich „gelassen“ an und stellt sich mit seiner
deutschen Zielstrebigkeit, Gründlichkeit und Perfektionismus nicht mehr so
unter Druck.
Nach den Examen haben die Lehrer schließlich mit ihrer Klasse
nichts mehr gemacht und wenn ich nichts sage, dann meine ich das auch so. Die
Lehrer saßen in ihren Klassenzimmern und haben die Zeit mit dem Korrigieren
verbracht. Sobald die Examen geschrieben wurden, war das Ziel für diesen
Schulabschnitt erreicht. Schließlich haben Kiki und ich als P.E.-coordinater die
Kinder an zwei Tagen mit auf das Sportfeld genommen, um dort die Klassen der verschiedenen Schulen
gegeneinander antreten zu lassen. Und womit geht es hier am besten: natürlich
mit dem Fußball. Es war nochmal eine gute Herausforderung, alle Kinder in den
Griff zu bekommen, doch auch, wenn mal etwas nicht lief, wie wir uns das
gedacht hatten: Hauptsache die Kinder haben ihren Spaß. An einem Tag waren dann
noch alle Kinder und Lehrer der 5 Schulen auf unserem Komplex für einen
Weihnachtsgottesdienst bzw. „carrol singing“ in der Kirche. Es war zwar immer
noch komisch, gemeinsam Weihnachtslieder zu singen, schön war es trotzdem. Wir
fühlen uns mittlerweile wirklich dazugehörig und vermissen die Kinder und
Lehrerkollegen jetzt schon. Wie kann man auch anders, bei der Mentalität.. :-) Übrigens
ist es hier üblich, dass die Kinder ihren Lehrern am letzten Schultag vor
Weihnachten Geschenke machen (Essen, Kekse, eine Flasche Cola o.ä.). So habe
ich am letzten Schultag von all den süßen Kindern ganz viele Geschenke (vor allem
Kekse) bekommen! So liebenswert, da hätte ich schon wieder vor Freude weinen
können.
Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass meine Sassi jetzt
Klassenlehrerin der dritten Klasse ist? Eine Herausforderung, die sie bis jetzt
ganz wunderbar meistert. Letzte Woche haben wir die Lehrerin, die sich nach der
Geburt ihres Kindes ein wenig Auszeit nimmt (und sie kam tatsächlich bis vor 2
Tage vor der Geburt noch in die Schule) und ihr Neugeborenes besucht. Ich kann euch sagen: das Baby ist
soooooooooooooo süß. Die Kinder sind hier echt zum Verlieben (wie ja eigentlich
überall auf der Welt, ich weiß). Das kleine Mädchen hatte sogar schon Ohrringe.
Ihre Mutter hat uns dann erklärt, dass die Mädchen noch im Krankenhaus ihre
Ohrlöcher gestochen bekommen (als Zeichen der Weiblichkeit).
Nun warten Sassi und ich nur noch darauf, dass ich endlich
wieder topfit bin (ich muss sagen, ich hab mir Malaria deutlich schlimmer
vorgestellt, nach 2 Tagen fühle ich mich schon fast wieder gesund), damit wir das
Reisen beginnen können. Dann heißt es eines frühen Morgens: Rucksack auf und
los geht’s. In der Früh kann man übrigens überall hinkommen, denn wenn man die
Ghanaer als eins bezeichnen kann, dann als Frühaufsteher. Alles wird morgens
nach dem Sonnenaufgang gemacht: geputzt, gewaschen, gearbeitet und sogar groß
gekocht (und nicht zu vergessen: laut Musik gehört, was unser Nachbar ganz
besonders gerne macht). Die Hauptmahlzeit wird hier nämlich morgens verspeist.
In den Pausen um ca. halb 11 kaufen sich die Kinder ihre Tüte Reis mit Fisch
oder Fleisch oder andere Gerichte. Und selbst daran haben wir uns mittlerweile
gewöhnt und essen morgens um halb 11 oftmals auch schon Reis mit Soße. Andere
Kultur – andere Sitten! :-)
Wir haben uns zwar ein paar Orte rausgesucht, die wir
unbedingt mal gesehen haben wollen, so richtig planen wollen wir allerdings
nicht. Gerade das ist ja das Spannende - einfach mal auf ins Ungewisse. :-) Wir
sind auf die anderen Seiten Ghanas auch mal sehr gespannt.
Bis dahin wünsche ich euch noch eine schöne
Vorweihnachtszeit. Wie ich gehört habe, schneit es momentan in Deutschland.
Bitte an alle: einmal den Berg für mich runterrodeln! :-) Genießt die
gemeinsame Zeit. Ich denke viel an euch.
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