Dezember '12


16.12.

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt..



Heute wird in euren Heimen tatsächlich schon die dritte Kerze auf dem Adventskranz angezündet. Ich glaub es einfach nicht. Nicht nur die Tatsache, dass wir bereits ein Viertel Jahr in Cape Coast verbracht haben, sondern auch die Vorweihnachtszeit ohne Schnee, Kälte, eine heiße Schokolade o.ä. zu erleben ist ein Gefühl, das sich schlecht beschreiben lässt. Die Zeit vergeht und vergeht und manchmal würde ich sie gerne anhalten, um bestimmte Dinge vermeintlich besser realisieren zu können.

Die Weihnachtszeit hat im Prinzip, wenn man an die Weihnachtsgeschichte denkt, nicht viel mit Schnee, Kälte, Weihnachtsmärken, Glühwein trinken oder anderen Dingen zu tun. Doch wenn man diese 19 Jahre seines Lebens so verbracht hat, dann gehören gewisse Dinge einfach dazu. So kommt es wahrscheinlich dazu, dass die Weihnachtsstimmung noch nicht ganz aufkommt und man darauf wartet, dass man endlich die jährliche Vorfreude auf das Fest erleben kann. Aber nun gut, ein interessante Erfahrung stellt es sicherlich auch dar, das Fest gemeinsam mit einer wunderbaren WG am Strand zu verbringen.


Wahrscheinlich kann gerade jetzt die Vorfreude noch nicht ganz aufkommen, da ich viel Zeit damit verbringe, mich im Bett auszuruhen. Auch mich hat die Malaria-Mücke erwischt, aber es hat ja auch etwas Gutes: ich habe endlich viieel Zeit, mich zu melden. :-) Blödes Timing ist es trotzdem, da Sassi und ich seit Freitag „Schulferien“ haben und uns eigentlich mit dem Rucksack auf in die ungewisse „Western Region“ machen wollten. Naja, ihr wisst ja, alles mit der Zeit! ;-)

Jetzt erst mal zu den wichtigen Dingen, die sich momentan in Cape Coast abspielen: Es gibt einen neuen Präsidenten (John Mahama) und eine neue Partei, die an der Spitze steht (NDC). Nachdem was ich euch über die politische Euphorie dieses Landes erzählt hab, könnt ihr euch wahrscheinlich denken, wie es während der Wahlen hier zuging. Vor allem in den Tagen kurz vor den Wahlen haben die Parteien nochmal alles aufgefahren, um die Bevölkerung zu beeindrucken. Jeden Sonntag konnte man eine riesen Menschenmenge (sogenannte „Campaigns“) dabei beobachten, wie sie voller Freude und Zuversicht durch die Stadt liefen, tanzten, Spaß hatten und ihre Partei mit Leib und Seele unterstützten. Jetzt steht es fest, welche Partei gewonnen hat und immer wieder hört man Sticheleien der Anhänger von NDC, die sich über die anderen Anhänger fast ein wenig lustig machen. Sie sind nun mal mit ihren ganzen Herzen dabei und solange es nicht ausartet, kann ich mir die Gespräche auch ganz gut mit einem kleinen Grinsen anhören. Ich habe die Wahlen auf jeden Fall als sehr friedlich empfunden und bin glücklich, dass es dabei geblieben ist.
                               der nette Herr vorne rechts: Fan-Ice-Verkäufer (das wahrscheinlich beste Tüten-Eis der Welt)

Die letzten zwei Schulwochen, bevor die Ferien anfingen, waren auch eher ungewöhnlich. Die Kinder haben ihre Examen in jedem Fach geschrieben, d.h. jedes Kind hat ein bedrucktes Papier mit ca. 25 Fragen bzw. Aufgaben erhalten, die die Lehrer vorgelesen haben, da die meisten Kinder nicht in der Lage sind, diese selbst zu lesen und schließlich konnten die Kinder die Aufgaben lösen (oder auch nicht). Oft kam die Lehrerin der dritten Klasse nicht zur Schule, woraufhin ich den Kindern die Aufgaben vorgelesen habe, was auch ganz gut geklappt hat. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie unsicher ich anfangs war, als die Lehrerin mal nicht da war und wie sehr ich dann unter Druck stand, die Kinder irgendwie beschäftigen zu müssen. Mittlerweile nimmt man das Fehlen der Lehrer als ziemlich „gelassen“ an und stellt sich mit seiner deutschen Zielstrebigkeit, Gründlichkeit und Perfektionismus nicht mehr so unter Druck.

Nach den Examen haben die Lehrer schließlich mit ihrer Klasse nichts mehr gemacht und wenn ich nichts sage, dann meine ich das auch so. Die Lehrer saßen in ihren Klassenzimmern und haben die Zeit mit dem Korrigieren verbracht. Sobald die Examen geschrieben wurden, war das Ziel für diesen Schulabschnitt erreicht. Schließlich haben Kiki und ich als P.E.-coordinater die Kinder an zwei Tagen mit auf das Sportfeld genommen, um  dort die Klassen der verschiedenen Schulen gegeneinander antreten zu lassen. Und womit geht es hier am besten: natürlich mit dem Fußball. Es war nochmal eine gute Herausforderung, alle Kinder in den Griff zu bekommen, doch auch, wenn mal etwas nicht lief, wie wir uns das gedacht hatten: Hauptsache die Kinder haben ihren Spaß. An einem Tag waren dann noch alle Kinder und Lehrer der 5 Schulen auf unserem Komplex für einen Weihnachtsgottesdienst bzw. „carrol singing“ in der Kirche. Es war zwar immer noch komisch, gemeinsam Weihnachtslieder zu singen, schön war es trotzdem. Wir fühlen uns mittlerweile wirklich dazugehörig und vermissen die Kinder und Lehrerkollegen jetzt schon. Wie kann man auch anders, bei der Mentalität.. :-) Übrigens ist es hier üblich, dass die Kinder ihren Lehrern am letzten Schultag vor Weihnachten Geschenke machen (Essen, Kekse, eine Flasche Cola o.ä.). So habe ich am letzten Schultag von all den süßen Kindern ganz viele Geschenke (vor allem Kekse) bekommen! So liebenswert, da hätte ich schon wieder vor Freude weinen können.

Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass meine Sassi jetzt Klassenlehrerin der dritten Klasse ist? Eine Herausforderung, die sie bis jetzt ganz wunderbar meistert. Letzte Woche haben wir die Lehrerin, die sich nach der Geburt ihres Kindes ein wenig Auszeit nimmt (und sie kam tatsächlich bis vor 2 Tage vor der Geburt noch in die Schule) und ihr Neugeborenes besucht.  Ich kann euch sagen: das Baby ist soooooooooooooo süß. Die Kinder sind hier echt zum Verlieben (wie ja eigentlich überall auf der Welt, ich weiß). Das kleine Mädchen hatte sogar schon Ohrringe. Ihre Mutter hat uns dann erklärt, dass die Mädchen noch im Krankenhaus ihre Ohrlöcher gestochen bekommen (als Zeichen der Weiblichkeit).


Nun warten Sassi und ich nur noch darauf, dass ich endlich wieder topfit bin (ich muss sagen, ich hab mir Malaria deutlich schlimmer vorgestellt, nach 2 Tagen fühle ich mich schon fast wieder gesund), damit wir das Reisen beginnen können. Dann heißt es eines frühen Morgens: Rucksack auf und los geht’s. In der Früh kann man übrigens überall hinkommen, denn wenn man die Ghanaer als eins bezeichnen kann, dann als Frühaufsteher. Alles wird morgens nach dem Sonnenaufgang gemacht: geputzt, gewaschen, gearbeitet und sogar groß gekocht (und nicht zu vergessen: laut Musik gehört, was unser Nachbar ganz besonders gerne macht). Die Hauptmahlzeit wird hier nämlich morgens verspeist. In den Pausen um ca. halb 11 kaufen sich die Kinder ihre Tüte Reis mit Fisch oder Fleisch oder andere Gerichte. Und selbst daran haben wir uns mittlerweile gewöhnt und essen morgens um halb 11 oftmals auch schon Reis mit Soße. Andere Kultur – andere Sitten! :-)

Wir haben uns zwar ein paar Orte rausgesucht, die wir unbedingt mal gesehen haben wollen, so richtig planen wollen wir allerdings nicht. Gerade das ist ja das Spannende - einfach mal auf ins Ungewisse. :-) Wir sind auf die anderen Seiten Ghanas auch mal sehr gespannt.

Bis dahin wünsche ich euch noch eine schöne Vorweihnachtszeit. Wie ich gehört habe, schneit es momentan in Deutschland. Bitte an alle: einmal den Berg für mich runterrodeln! :-) Genießt die gemeinsame Zeit. Ich denke viel an euch.

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