März '13

12.03.


..wenn einem der Schweiß in die Augen tropft!


Pfiiiiff! Halbzeit. Für die ghanaische Fußballmannschaft ertönte leider der letzte Pfiff im Halbfinale des African Cup of Nations (für die Deutschen die Europameisterschaft), für mich ertönt der Pfiff zur Halbzeit nun nach 6 Monaten in Ghana.
Während des African Cup of Nations konnte man die Fußballfreude spüren. Die fußballverrückte Nation war umso enttäuschter als ihre Mannschaft im Halbfinale rausflog, sodass das Spiel um Platz 3 niemanden mehr interessierte. Ein wenig traurig bin ich auch darüber, dass bereits Halbzeit ist. Das letzte halbe Jahr war unvergesslich und weitere 6 tolle Monate stehen noch vor mir, keine Frage, aber wie kurz ist denn bitte ein Jahr?! Viel zu kurz. Ich kann und will hier nicht weg…

                           Ladies-Night :-) von rechts nach links: Marlies, Sassi, ich


Es ist mal wieder viel passiert. Vor einigen Wochen waren wir (4 Lehrerinnen meiner Schule, Sassi und ich) mal wieder Michealina und ihre Familie besuchen, um uns nach ihrem gesundheitlichen Zustand zu erkunden. Die Situation war weiterhin schwierig. Die Familie berichtete uns, dass sie den Beutel für ihren künstlichen Darmausgang jeden Tag wechseln müssten und dies eine große finanzielle Hürde darstellt, denn ein Beutel ist wirklich teuer. Sofort nach dem Besuch überlegten die Lehrerinnen, wie auch Sassi und ich wie wir so viel Geld zusammen kriegen, um die Beutel finanzieren zu können, denn die Familie hat nicht viel Geld. Am nächsten Tag fuhr ich zunächst mit Michealina und ihrer Mutter ins Krankenhaus, um mir selbst von einem Arzt ihren Zustand erklären zu lassen und ihr vor Ort bereits ein paar Beutel kaufen zu können. Eine Krankenschwester erklärte mir dann, dass man die Beutel lediglich alle 1-2 Wochen wechseln müsse und es Michealina soweit an nichts fehlt. Ich konnte Michealina ansehen, dass es ihr soweit ganz gut ging: sie lächelte viel, sie hatte keine Probleme zu essen und zu laufen. Überglücklich ging ich nach dem Besuch in die Schule, um den Lehrerinnen alles zu berichten. Als wir uns über alles unterhielten, wurde uns so langsam klar: die Familie hatte uns belogen. Die Mutter wusste, dass man die Beutel lediglich alle 1-2 Wochen wechseln müsste und nicht, wie die Familie uns erzählte, jeden Tag. Die Schule hatte der Familie bereits sehr, sehr viel Geld gegeben und das war auch der Grund, warum die Lehrerinnen innerhalb kurzer Zeit sehr sauer wurden. Aus Geldnot heraus erzählte die Familie uns, sie bräuchten viel Geld für die Beutel, doch das war nicht wahr. Ich bin nach wie vor sehr froh, dass es Michealina den Umständen entsprechend wirklich gut geht, doch die Tatsache, dass die Familie die Situation so ausgenutzt hat, hat natürlich auch mich wütend gemacht. Natürlich war es nicht richtig, was die Familie gemacht hat, doch eine Frage stellt sich mir dann doch: Kann ich das als „wohlhabende Weiße“ wirklich beurteilen? All die bettelnden Kinder, die Diebe auf den nächtlichen Straßen, ja sogar die Kinder in der Schule, die klauen.. kann ich wirklich nachvollziehen, wozu man in der Lage ist, wenn man in Geldnot gerät? Ich will nicht sagen, dass ich das verstehen kann, ganz im Gegenteil.. trotzdem denke ich in letzter Zeit viel darüber nach, ob ich als Weiße in dieses Land kommen und einfach mein Urteil über bestimmte Zustände machen kann.. 

In der Schule läuft es weiterhin sehr gut. Im April stehen sportliche Wettkämpfe zwischen einzelnen Grundschulen an und dafür trainieren Kiki und ich, die Sportlehrerinnen eben, die Schüler und Schülerinnen momentan. Wettkämpfe wie wir sie noch aus Grundschulzeiten kennen: wer kann am weitesten springen, wer kann am schnellsten rennen, wer hat die beste Ausdauer... und das Trainieren der Schüler-/innen stellt sich nicht unbedingt als leichte Aufgabe dar, denn die Sonne macht es uns nicht einfach. Ich weiß, ich weiß, wenn ich mich über die Sonne beschwere, dann geht das wahrscheinlich bei euch in dem einen Ohr rein und in dem Anderen wieder raus ;-) Aber momentan ist es eindeutig zu warm. Aufgeplatzte Lippen und aufgerissene Haut sind zum einen die Folgen, zum anderen Kopfschmerzen und Müdigkeit. Aber ich muss schon zugeben: den Winter, der in Deutschland gar nicht mehr aufhören will, den vermisse ich auch nicht unbedingt ;-)

Auch in der Culture Group läuft es super. Die Kinder machen immer mehr Fortschritte und bald haben wir unseren ersten Auftritt auf dem Gelände unserer Schulen. Es ist immer wieder schön zu sehen, was für eine Freude die Kinder beim Tanzen und Trommeln haben. :-)


                                        die beiden Lehrer bereiten die Trommeln vor..



Immerhin können wir die Sonne am Wochenende genießen. Wir sind zwei Wochenenden hintereinander in ein Beach Resort ganz in der Nähe gefahren und haben dort eine Nacht übernachtet. Wirklich unglaublich, eine halbe Stunde Fahrt und man ist im Paradies! Dann heißt es nur noch: entspannen, die Sonne und das Meer genießen und das Leben lieben lernen! :-)

                                     die Anlage des "Kokobongo Beach Resorts"


Die Sonne hat uns an einem ganz besonderen Tag ganz besonders zu schaffen gemacht: 6. März, Independence Day, nationaler Feiertag. Der offiziell wichtigste Feiertag in Ghana, denn am 6.März 1957 hat Ghana die Unabhängigkeit erlangt. Der Tag beginnt für Soldaten, Polizisten, Feuerwehrleuten, Schüler, Lehrer-/innen und vielen anderen Personen auf großen Plätzen in den jeweiligen Hauptstädten der Regionen. Da Cape Coast Hauptstadt der Central Region ist war die große Feier ganz in der Nähe. Nach 7 Jahren wurde die „Methodist ‚B‘ Primary“, die Schule, in der ich meinen IJFD absolviere, mal wieder auserwählt, um Schüler- und Schülerinnen, so wie 2-3 Lehrerin-/innen zu stellen, die die Schule beim Marschieren vertreten. Insgesamt werden ca. 30 Schulen auserwählt und dieses Jahr hatte unsere endlich wieder die große Ehre! 2-3 Lehrerin-/Lehrerinnen also.. wer kann da wohl mitmarschieren? Richtig, die Alina! :-P Eine große Ehre für mich, die ich sehr schätze. Und diesen Tag werde ich definitiv nicht vergessen. Ich war weit und breit die einzige Weiße, die marschierte, was natürlich sehr zum Vergnügen der Zuschauer führte. Auch wir hatten unseren Spaß, vor allem bei den vielen Proben. Als ich mich das erste Mal dazu stellte, konnten sich die Schüler und die Lehrer kaum vor Lachen halten. Muss sehr lustig aussehen, wenn ich marschiere! ;-) Ein unvergesslicher Tag.

                                  und da marschiert "meine" Schule.. und ich :-P


Ebenfalls unvergesslich: der Abend davor. Am Dienstag fuhren wir mit 18 weiteren Leuten nach Accra. Grund dafür war das Chris Brown Konzert im Stadion. Ich habe wahrscheinlich noch nie so viel getanzt, mitgesungen, Spaß gehabt.. :-) Das Schöne an Ghana: es interessiert niemanden, wie du tanzt, singst,.. wenn du Lust dazu hast, dann tu es einfach. Auch auf den Straßen sieht man immer mal wieder am Tag viele Leute tanzen bzw. singen und niemand schaut sie deswegen komisch an. Und das hat sich auch beim Konzert bemerkbar gemacht. Ich will ja nicht sagen, dass auf deutschen Konzerten alle still stehen, aber es war doch irgendwie anders und viel schöner. Die Sitzplätze hat niemand genutzt und stattdessen wurde auf den Plätzen getanzt. Kein Wunder, bei der Show. An alle, die sich für Chris Brown nicht interessieren: live ist er unbeschreiblich gut! Das haben auch diejenigen unter uns gesagt, die sich sonst nicht für seine Musik interessieren. Wir waren anschließend heiser, haben so viel geschwitzt wie noch nie zuvor und konnten kaum noch laufen.. aber es hat sich ja gelohnt! Ich habe dann zwar nur eine halbe Stunde Schlaf gekriegt, bevor es losging zum Marschieren, aber mit viel Kaffee und Energy Drinks ist auch das möglich ;-)

Momentan ist unser großes Haus endlich mal etwas gefüllt, denn wir haben Besuch unserer 3 Vorfreiwilligen. Es ist unheimlich interessiert, mit den 3 Mädels über alles zu reden, vor allem auch über die Projekte. Zudem ist es auch mal schön, die Personen hinter den vielen Mails, die man ausgetauscht hat, kennenzulernen. Die weiteren Wochen werden also sehr interessant! :-) Und ich kann nur zu gut verstehen, warum die 3 Mädels nach einem halben Jahr bereits zurück nach Ghana gekommen sind.. ich denke, das spricht für sich! ;-)

Was allerdings weniger schön ist: ausgerechnet jetzt haben wir kein fließendes Wasser, kein Gas und oft auch kein Strom. Es herrscht momentan große Knappheit der drei Ressourcen. Kein fließend Wasser? Okay, das kennen wir ja schon. Strom fällt ein paar Stunden am Tag weg? Auch okay. Aber dann auch noch kein Gas zu haben… das ist manchmal nicht so einfach. Eine abwechslungsreiche Ernährung haben wir momentan zumindest nicht. Wir hoffen alle sehr, dass man bald wieder Gas in Cape Coast kaufen kann! Und wenn nicht.. werden wir es trotzdem überleben! :-)

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